Die deutsche Verfassung hat für diesen Fall jedoch vorgesorgt. Artikel 111 des Grundgesetzes regelt, dass der Staat auch ohne einen beschlossenen Haushalt handlungsfähig bleibt. Allerdings sind die möglichen Ausgaben eng zu interpretieren, und es wird schwierig, Ausgaben über den Erhalt des Status quo hinaus zu ermöglichen. Rentenzahlungen, BAföG und Bürgergeld wären weiterhin möglich, aber darüber hinaus wäre es problematisch. Interessanterweise gibt es keine Frist im Grundgesetz für die Verabschiedung eines Haushalts. Dennoch betont Professor Alexander Thiele, Experte für Staatsrecht an der Business and Law School Berlin, dass eine langwierige Diskussion um den Bundeshaushalt normalerweise nicht üblich ist. Die eigene Mehrheit im Bundestag gewährleistet in der Regel die rechtzeitige Verabschiedung eines Haushalts.
Dies könnte für die Ampel-Koalition jedoch zu riskant sein, insbesondere wenn sie eine Aussetzung der Schuldenbremse mit einer "außergewöhnlichen Notsituation" begründen müsste. Für das Jahr 2023 wurde die Notsituation durch die Energiekrise infolge des Krieges in der Ukraine anerkannt, ohne Widerstand vonseiten der Union. In diesem Jahr könnte dies anders sein, und die Begründung der Ampel-Koalition stünde auf unsicherem Grund. Um für den Haushalt 2024 nicht erneut eine "außergewöhnliche Notsituation" geltend machen zu müssen, wäre eine Abschaffung oder Reform der Schuldenbremse erforderlich. Dies würde eine Verfassungsänderung erfordern, die vom Bundestag und Bundesrat mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden müsste. Selbst wenn diese Mehrheit erreicht wird, könnte das Verfassungsgericht Einspruch erheben. Eine entsprechende "abstrakte Normenkontrolle" hätte jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen, und der Haushalt bliebe vorerst in Kraft. Eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren würde innerhalb weniger Wochen ergehen.